provencalische Notizen
Klettern in der Montage
 la Sainte Victoire
Über fast 12 Kilometer erstrecken sich die Klettermöglichkeiten und der Gipfelkamm bringt es auf beinahe 1000 Höhenmeter. Vier Führerbände waren einmal nötig gewesen, alle Gebiete und Routen in Topos zu beschreiben. Und für jeden ist etwas dabei. Neueren Datums sind einige kurze Klettergärten bei den Deux Aiguilles ( auch bei St.Ser kann man sich bestens gesichert, austoben ). Mit mehr als 50 Routen und hunderten von Bohrhaken genau das Richtige zum Schnuppern und Gewöhnen an Felsqualität und Klettertechnik im Victoire. 
Die Sportkletterrouten nämlich - insbesondere die älteren im zentralen Teil - haben einen zweifelhaften Ruf. Zwar handelt es sich um den allseits bekannten "bombenfesten" Kalk, aber an die Moral werden ( manchmal auch heute  noch ) höchste Anforderungen gestellt.
 Oft findet sich der erste Haken in 10 bis 12 Metern Höhe und dann ist er auch noch ein Museumsstück, rostig und keinesfalls vertrauenerweckend. 
Und nicht selten liegen die cruxmoves zwischen den Haken ( die alten Aixer Kletterer brachten ihre Haken immer selber mit und der Nachsteiger entfernte sie auch wieder - die haben also auch nur mit Wasser gekocht! ). Inzwischen hat die neue Zeit nicht nur einen verheerenden Waldbrand, sondern auch einige Sanierungen gebracht und in der Regel stecken solide Bohrhaken in menschlichen Abständen.
   
   

Alpine Touren
Auf Grund seiner Höhe, kann man im Victoire auch in Alpinismus machen. Zunächst durch Pinienwald ( soweit der letzte Großbrand noch was übrig gelassen hat ) und später durch rote Bauxit-Canons, ausgewaschen von den Herbstunwettern, führt der Weg auf eine erste kleine Hochfläche. Dort wütete schon vor vielen Jahren ein Feuersturm und noch immer stehen verkohlte Stämme als dringende Mahnung in der niedrigen Macchia. Die Sonne löst die ätherischen Öle der Herbes de Provence und bei uns die Schweißdrüsen. Dann sind wir am Einstieg der "Trace noir".
 Dreißig Meter leichte Kletterei über abgespeckte verbackene Kiesel in eine schattige Rinne. Dort hat die Erosion den Weiterweg eigentlich unmöglich gemacht, aber mit Hilfe einer Eisenkette turnen wir auch über dieses Hindernis. Der Pfad ist imer leicht zu finden, manchmal führt er über stark geneigte Platten, bis plötzlich ein überhängender Kalkwulst den Weg versperrt.Nach links ausweichen, bis eine Verschneidung den einfachen Durchstieg vermittelt. Von da oben gibt es dann mehrere Möglichkeiten zum großen "Croix de Provence" zu gelangen. 
Fast alle Touren sind "alpin" - ungeputzt,  manchmal etwas bröselig, wenige alte Haken und man muß schon selber die richtige Linie finden. Am einfachsten bleibt die Trace noir, immer knapp rechts der Pfeilerkante, nie schwerer als 3+ und meist nur mit kurzen Kletterpassagen ( ab der Gedenktafel sind es ca. 6 Seillängen ).
 Ein Speckkamin läßt sich elegant -  wenn auch mit etwas höherem Schwierigkeitsgrad - umgehen. Das einzige Problem kann Steinschlag sein - wenn vor einem schon welche  unterwegs sind. 
Ist man endlich oben, hat man einen tollen Rundblick und "freie Sicht auf's Mittelmeer". Sofern nicht der Mistral bläst und sich bemüht, dich auf dem kürzesten Weg ins Tal zu befördern, da hilft dann auch kein Gleitschirm mehr.

Hier bieten sich nun drei Alternativen an: eine lange Gratwanderung bis Puyloubier ( nur empfehlenswert bei relativer Windstille und ausreichend Zeit ), der Abstieg über die Trace noir durch eine Höhlenruine - die Garagai ( ca. 2 Stdn. ), oder ein gemütliches Biwak im alten Mönchskloster "Notre Dame". Bis 1879 war es von Ordensleuten bewohnt, heute ist es eine einfache Biwakschachtel mit Holzbohlen als Schlafstätte. Im Hof des Klosters steht noch eine alte Zisterne ( das Wasser ist zweifelhaft - lieber selber welches mitbringen! ) und rundum sind einige shortclimbs möglich. Man kann auch über die Brèche-des-Moines abseilen und noch ein paar schwerere Routen anhängen.


Neben der beschriebenen Trace noir führen natürlich noch viele Wege auf den Gipfelgrat. Durch Kombination verschiedener Routen kann sich jeder "seinen" Weg selber gestalten. Bekannt ist noch der "Grand Parcours", mit 19 Seillängen und Schwierigkeiten bis 6a, auf den höchsten Gipfel "Le Signal".

 

  
Diese Geschichte hab' ich in weiten Teilen schon vor vielen Jahren geschrieben, vor allem die Beschreibung des Aufstiegs zum "Croix de Provence", stammt so ca. von 1985 - da kann sich also schon auch was geändert haben...Die Hinweise auf die Sanierungen sind neueren Datums.