Höllentorkopf - "Weg der Freundschaft"
Wetterstein-Gebirge, 2150 Meter

VI+, meist V und V+

Am Samstag, 25.7.1992, fahr ich mit'm Siggi ins Wetterstein. Zum Höllentorkopf. "Pfanzelt", VI, meist V+ und V. Eine Alpintour - aber für Faule oder eben für Leute wie uns, die nicht soviel Zeit, auch nicht unbedingt soviel Kondition und auf gar keinen Fall soviel Lust, auf lange alpine Zustiege, frühes Aufstehen, Bruchgerödel und am Besten noch üble Absicherung, haben.

Der "Zustieg" reduziert sich auf 20 Minuten nettes Gehen, von der Osterfelderbahn, durch die Rinderscharte, unter die Wand. Für den Vorbau wählen wir eine mittlere Variante, eher IV, dafür nicht so bröselig. Dann: 4 schöne Seillängen, toller Fels, gebohrte Stände. Abseilen über die Route.

Keile fast überflüssig, nur die maroden Holzkeile in der 4. Seillänge sind etwas gruselig. 30 Minuten zurück zum kühlen Hellen.- Ein schöner Samstagnachmittag!

Drei Wochen später, am Sonntag, 16.8.1992, sind wir schon wieder hier. Diesmal solls etwas schärfer zur Sache gehen: "Weg der Freundschaft", VI+, meist  V und V+, in konventioneller Kletterei VI-/AO. Nur geschlagene Haken - und dies nicht üppig. Zügig gehts Richtung Wandfuß. Unter der "Pfanzelt" Rast und Material sortieren. Na,  die Haken und den Hammer - lassen wir zurück... weniger Keile, nicht soviel Material. Dann aber: wo geht's eigentlich los?? "schiffbug-ähnlicher Vorbau" - schon klar, aber im Topo heißt's "über Geröll und Schrofen von rechts zu Rasenfleck, schließlich gerade empor zu einem Block am rechten  Ende des Wandvorbaus" - keine Ahnung!
Wir suchen und gehen endlich einfach mal los - ca. 50 - 80 Meter im Schrofenvorbau, brüchig, seilfrei, unangenehm, bis IV/IV+,  und alte abgerissene Schlingen weisen den Weg. Endlich der "Block" - weit oben glaub ich einen alten Haken zu sehen... Siggi macht "Stand" an dem Block (= Schlinge um denselben und dann draufsetzen, daß sie nicht abrutscht) und ich steige ein. Siggi in der ersten SL, nach dem "schiffbugähnlichen Vorbau"
Siggi in der 1. SL. über dem  "schiffbug-ähnlichen Vorbau"
Brüchig, unangenehm, tatsächlich nur 2 alte Haken. Dann in Nische links, 2 neue Haken: Stand! Siggi kommt nach, kurz verständigen, Material übergeben, er geht weiter. Rechts hoch, nach der Kante verschwindet er. Und dann wird's lang. ... In der Nische tropft das Wasser und ich hab nur ein Muskelshirt und Leggins an (4 Seillängen, Südwestwand, kein Wetterumschwung zu erwarten). Saukalt. Und die (schei...)Bergwacht macht eine Übung (wie wir später erfahren - noch schlimmer: sie machen eine Presse-Demonstration), dauernd kreist der Hubschrauber. Keine Verständigung zum Partner möglich. Dieser kämpft! Schimpft!  Findet kaum Haken, nix zum Keil-legen, schwieriger Quergang. - Komisch - Und dann : er probiert's immer wieder nach oben und kommt nicht rauf. Haken steht weit raus, abgebunden, und er kommt nicht hoch - zu schwer, zu gefährlich... - komisch (Siggi ist viel besser als ich, klettert relativ locker im Siebten Grad...). Scheißegal, geh' endlich! ich friere! und die Stimmung sinkt mit dem Hubschrauber-Gekreisel und der Finsternis! Nach mehr als einer Stunde, unvermittelt: "Stand! Nachkommen!" Irgendwie nix Gescheites, aber ich bin froh mich wieder bewegen zu können...Schwer geht's um die Kante - und siehe da, da sind zwei alte Haken. Ein Standplatz! Und der Quergang, naja, tief unten, mit der Sicherungsschlinge um einen Felskopf - geht das schon. 
Und dann der abgebundene Messerhaken - steht weit raus! - und da rüber zu kommen: keine Chance! - Siggi hat Stand an einem geschlagenen Haken und zwei Meter weiter einen alten Petzl-bolt der ersten Generation (8mm, Selbstbohrdübel, rostig). Rauf will ich ganz sicher nicht mehr! 
 Zu schwer ( ich hab's kurz angetestet und wenn's Siggi schon nicht schafft...), entnervt, verfroren: NUR RUNTER! ist die Devise. Eigentlich ist auch alles klar: wir sind zu weit rechts, mein Stand war zu früh und dann ging's eigentlich gradaus hoch und nicht nacht rechts, wir sind in der Route "Schraubstock" VIII- !! und da haben wir nix verloren! Kurze Beratung: Aufgabe! Abseilen. Eine Kevlar-Schlinge durch den Petzlbolt und ab geht die Abseilfahrt 50 Meter downtown!  
Zwischendurch trete ich lose Schuppen ab und die donnern nach unten - ausgesetzt bis ins Höllental! Siggi frägt immer wieder nach, ob was passiert ist... nö nö, alles oh kö! Nur die Kevlar-Schlinge wird so verdammt dünn an der Kante vom bolt... Siggi opfert später seinen uralten Lieblingskarbiner (schwarz) und vertraut nicht der Schlinge. Ich komm gut unten an, 50m haben gerade ausgereicht , fast ein Touch-down ( wobei mir da ein großer Block so auf die Füsse gerollt ist, daß ich fast nicht wegkam...). Und dann sehn wir das Malöhr: hätten wir nur wenige Meter weiter gequert, wären wir zu einem Stand in der "Pfanzelt" gekommen! Und da wär alles einfach gewesen...

 Na gut: Nix passiert, rechtzeitig umgekehrt, klug entschieden! Beweis: wir leben noch und sind quietschfidel. q.e.d.

Andere haben sich da noch blöder angestellt und vor allem: denen ging's ganz schön dreckig!