Im Knast in LondonCity
once upon a time...rief der neugebackene Generalsekretär der Naturfreunde-Internationale (NFI)  bei mir an und fragte, ob ich jemand wüßte, der eine spektakuläre Bergsteigeraktion zur öffentlichkeitswirksamen Unterstützung eines Kongresses der NFI in Brighton durchführen könnte. Oder ob ich nicht selber...? Auf jeden Fall ganz legal und mit Hilfe des Bürgermeisters und so weiter. Ich hatte Zeit und den Schutz der  Nordsee ( darum gings bei dem Kongreß ) fand ich auch gut - also ein paar Freunde abgefragt und zugesagt. Am 19.9.1987 fuhren wir zu Viert mit Auto und Zelt gen Britannia. Erstmal umschauen und klettern (an den Bowls-Rocks in Royal Tunbridge Wells - gegen Eintritt von 80 Pence!) und dann zur Uni von East-Sussex zum Kongreß. 
Dann besichtigen div. Orte für die Aktion - geben alle nix her, die Landschaft ist zwar wunderschön und lieblich, aber z.B. die Felsen der "7-sisters" sind eher am A... der Welt, auch die Klippen von Dover sieht man nur vom Schiff und der Bürgermeister von Brighton war auch nicht mehr begeistert. 
Da muß was Bessres her! Nach London! Nur dort ist's wirklich spektakulär - und die Genehmigung - was soll's, wegen uns endet die Revolution nicht am Schild "Rasen betreten verboten"! Big Ben und Buckingham Palace sind zu gut bewacht, der Tower sowieso, aber die Tower Brigde, die gibt was her!  
  Die Türme werden zwar von Securities bewacht und die Leute gecheckt, aber davor müßte was zu machen sein! Am Seitenteil ist viel Platz und vom Tower aus und von der Uferpromenade gut zu sehen. Die Originalskizze zeigt den "Plan".
Zurück an der Uni lassen wir von unsren eng lischen Freunden ( eher ein freundlich betulicher Alten club ) viele Quadratmeter Tuch besorgen und vernähen. In der Turnhalle malen wir einen ganzen Tag am Transparent, parallel dazu wird ein Flugblatt entworfen und übersetzt und abends im Pub beim Dartspiel und vor der frühen! "Last Order" wird konkret geplant, abgewogen, Ängste bearbeitet, Partner angeworben.

Am Tag X müssen wir noch selber einen Kleinbus mit unsrem Material und Mitde- monstranten im Linksverkehr und Rushhour durch London kurven ( Hochachtung vor Ono - ich war kaum mehr fahrfähig vor Nervosität ). An der Brücke schnell auf den Bürgersteig - und pffft! ein Platten! Macht nix, weiter, bevor Polizei kommt. Im Schutz der Gruppe zur Brücke, Transparent festgebunden -  abgedeckt von einer Zehnmann- Gruppe, Seil befestigt, Transparent ausrollen, wir drei Kletterer über die Brücke und schnell abseilen. Sieht gut aus!
Mehrere Fernsehstationen filmen, viel Presse vor Ort. Tausend Flugblätter in 10 Minuten verteilt - und über uns großer Auflauf. Erst als uns Ingi ( unsre wichtigste Vertraute on top ) das Zeichen gibt "aufzutauchen", klettern wir wieder am Seil nach oben. Und da erwarten uns aufgebrachte Polizisten ( die hatten auch einen Platten ) und verhaften uns Vier und noch wahllos 10 andere. Und in der Grünen Minna in' Knast der London City Police. Schon im Fahrzeug bessert sich die Stimmung, als wir erklären worum es geht, sie das Flugblatt lesen und erkennen, daß wir keine Spinner sind, die nur pressegeil sind. Dennoch: alle ab in die Zelle! Und das Klettermaterial wird konfisziert! nachdem ich's identifiziert habe und dabei noch meinen Fotoapparat in dem Haufen entdeckt hatte - den durfte ich dann aber behalten!
Das Beste aber kommt noch! Langsam beruhigen sich die Nerven, Es kann ja nix passieren, höchstens ausweisen könnten sie uns... es geht so auf 17.00 Uhr zu:

Draußen sind Schritte zu hören, Schlüssel klirren, drehen sich im Schloß, filmreif geht die dicke Tür quietschend auf "anybody wants some tea or coffy?" - die Teestunde!! der Kaffee war meist ungenießbar, also "Tea for everybody, please", ein Lächeln huscht über sein Gesicht, umdrehen, Tür zu, Schlüssel, Schritte...- Schritte, Schlüssel, Tür quietscht: "With milk or sugar?" - Als der Bobby endlich draußen ist, können wir uns vor Lachen fast nicht mehr halten! Die spinnen die Engländer! Aber freundlich!

Der Rest ist schnell erzählt: nachdem wir nachweisen konnten, daß wir ausgebildete Bergsteiger sind und bereits in England klettern waren, unser Anliegen auch von Prinz Charles unterstützt wird, also  ehrenwert ist, wurden wir ernsthaft ermahnt, das Klettermaterial wurde zurückbehalten bis zum Tag unserer Abreise ("sonst hängt ihr doch morgen an Big Ben!") und zu weiteren Kletterurlauben seien wir herzlich willkommen ("der gritstone wäre besonders lohnend!"). Und wir sollten  überall erzählen wie gut wir behandelt worden seien - was hiermit geschehen ist.