Frechheit siegt - ?
oder: wenn die Planung schlecht ist, macht man halt was draus ...
 
Schon lange ist's her, da hat der Jakob einen Ausflug ins Dachstein-Gebirge geplant - so mit pennen im Freien, Wanderungen und alternativ Bergsteigen an verschiedenen Wänden oder Routen. Am Freitag nach der Arbeit gings dann am 22. Juli 1983 endlich los.

Die Planung war vielgestaltig, vielversprechend, nur nicht so ganz an unsre Fähigkeiten und an das Gelände angepasst - oder andersrum, wir waren dafür nicht gut genug... Lange Rede, kurzer Sinn - die geplante Tour zur Eiskarl-Spitze war zeitlich unmöglich und nach ca 1,5 Stdn Aufstieg wussten wir: wir machen was anderes.
Aus dem "Klettersteig" des Windlegerkars prasselten die Steine von vor uns Gehenden herab und der Torstein rechter Hand war uns zu schwer. Auf der anderen Seite gab's schon auch Berge und Felsen - wie das hieß und was das war - war uns wurscht. Es sah halt kletterbar aus. Und weil wir ohnehin alles an Gerödel dabei hatten, suchten wir uns zwei Linien aus und in zwei Seilschaften stiegen wir getrennt in Neuland. Jakob und Karin folgten einer Verschneidung, während Hepf und ich uns für Wandkletterei entschieden.
Zunächst gings im leichten Dreier-Gelände einige dutzend Höhenmeter nach oben, vorsichtig, den Schutt von den Griffen und Tritten abräumend mogelte sich Hepf nach oben - leicht schräg rechts weg, um mich nicht  dauernd zu bewerfen. "Stand. Nachkommen." Zunächst gings im ähnlichen Stil weiter, aber schon nach wenigen Metern steilte sich der Fels auf, wurde kompakter, aber auch schwerer. Ein Keil, kurz darauf ein Friend hinter eine große Schuppe gelegt - diese bewegte sich zwar ein wenig (this is the wellknown "expanding flake"!), hielt aber. Das Gestein wurde immer besser, mittlerweile wohl schon ca. IV+. Vor einem kleinen Dacherl versenkte ich einen riesigen handgeschiedeten Ringhaken ( hatte ich auf dem Flohmarkt in Nürnberg erstanden ). Nicht über seine ganzen 20 Zentimeter Länge, aber tief genug, um endlich ein sicheres Gefühl zu vermitteln. Dann ging's - mit ner Fünferstelle (?) -  über den Aufschwung und schon kam das Kommando "Seil aus!". Also Stand suchen... Ein kleiner Absatz, zwei Keile, ein kurzer Fiechtel-Haken. Geht schon. Hepf will nachsteigen, aber von unserer Paralell-Seilschaft kommt der Ruf  - "alles brüchig, viel Steinschlag! wir kehren um und ich will bei euch mitgehen." Also warten.  - Am Stand prüfen der Keile, naja, nicht so gut, noch'n kleineren Haken dazu schlagen... Endlich kommt Hepf an einem Zwillingsstrang nach und später dann Jakob am anderen ( auf Karin fiel der ganze Bruch, den Jakob abräumte, ihre Hände waren blutig, sie hatte die Schauze voll ). Kaum sind ca. eineinhalb Stunden Warterei am kleinen Stand rum ( und die Füsse taub und gefühllos ) sind wir auch schon komplett - dafür sind's mittlerweile 3 Keile und 4 Haken geworden... Ich mag schon nicht mehr so recht. Jakob steigt mutig voraus. Nach wenigen Metern verschwindet er rechts ums Eck und kämpft und mault und stöhnt. Plötzlich ein lauter Schrei und Gepolter. Steine prasseln neben uns. Kurz darauf kommt Jakob langsam zurück, reichlich bleich und entnervt: ein mannsgroßer Block brach aus, stürzte aber neben im ins Kar und riß ihn auch nicht aus der Kletterstellung. Genug! Ich klettere zu dem Ringhaken ab und hole die zwei Partner zu diesem Stand nach.
Der alte Ringhaken hatte so schön gesungen, der hält alles! Das Seil eingeknüpft lassen wir uns 50 Meter hinunter ins Kar zum leichten Gelände. Es reicht, noch ein paar Meter Abklettern und alles ist überstanden.
Das war sie also, unsere tolle erste Erstbegehung irgendwo am südöstlichen Vorbau der Windlegerspitze: so richtig ordentlich von unten, clean, sauber - aber ungeplant und im miesen Gelände und natürlich unvollendet. Aber rechtzeitig umgekehrt und UNVERSEHRT!

Den nächsten Tag verbrachte ich mit bouldern an einigen großen Blöcken, die unterhalb des Torsteins am Weg liegen, die anderen gingen wandern und die heldenhaften Bergsteiger, die mir zusahen, hielten mich für total verrückt: lange Haare, Stirnband, bunte Schlafanzughose (Leggings gab's damals noch nicht) und Popelfels  & das im Angesicht der mächtigen Torstein-Südwand! ( - das war's ja, was mir gefiel...).

In der Nacht hatten wir auch ein Abenteuer, aber ein ganz anderes...